Karen 
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Darstellung

Ich habe für meine Darstellung Rollen gewählt, die es mir ermöglichen, meine musikalischen Kenntnisse und Fertigkeiten anzubringen - eine Kanonisse des späten 13. Jahrhunderts und eine spätmittelalterliche Musikerin.

Die Kanonisse

Bei der Suche nach einer Darstellung spielte für mich eine Rolle, daß ich Musik finden wollte, die ich auch allein machen konnte. Und meine Erfahrungen mit der Gregorianik wollte ich auch einbringen. Wer aber hätte im Mittelalter in der Kirche gesungen, und das auch noch als Frau? Sicherlich keine "normale" Frau, sei sie nun Adlige, Bürgerin oder Bäuerin, und schon gar nicht eine professionelle Musikerin, ein "spilwip". Die Frauen in den Klöstern aber sangen in den Kirchen, ja, das gesungene Stundengebet war geradezu ihre Lebensaufgabe. Ob sie auch während der Messe sangen, ist nicht ganz klar. An manchen Orten ist es vielleicht vorgekommen, auch wenn es strengen Kirchenoberen mißfiel. Immerhin kritisiert Jacob de Vitry in seiner "Historia occidentalis" im 13. Jahrhundert bei den Kanonissen, daß sie mit den Klerikern gemeinsam sängen, ja, diese fast übertönten.

Eine Nonne aus den Ordensklöster, eine Benediktinerin, Zisterzienserin, Dominikanerin, Clarisse, hätte aber auf den meisten Mittelalter-Veranstaltungen nichts zu suchen. Die Regeln eigentlich aller Orden schrieben für die Nonnen strikte Klausur vor, also ein abgeschiedenes Leben. Auch wenn es Beispiele für Ausnahmen gibt, fällt es schwer, die Anwesenheit einer Ordensfrau bei Festen, Märkten, militärischen Lagern oder Ähnlichem zu rechtfertigen.

Bei einer Kanonisse sieht das anders aus. Zwar war ihr Leben im Kloster ähnlich wie das der Ordensfrau, aber sie hat kein Gelübde abgelegt. Die Verbindung zu ihrer Familie bleibt stärker erhalten, und Verwandtenbesuche sind belegt. Ich habe mich deswegen entschieden, eine Kanonisse darzustellen, die Verwandte besucht.

Bei der Suche nach meinem "Heimatkloster" hatte ich Glück. Die großen und bekannten Kanonissenstifte des Mittelalters sind hochadlige Stiftungen, im Falle von Gandersheim und Quedlinburg sogar noch von Mitgliedern der Königsfamilie. Entsprechend exklusiv stellt man sich auch die Zusammensetzung ihrer Insassinnen vor. Bei der Recherche zum Thema Kanonissen fand ich dann aber heraus, daß ein Kloster in der Nähe meines Heimatortes Bramsche, das Kloster Malgarten, vermutlich in der ersten Phase seines Bestehens ein Kanonissenstift war. Zu den Kanonissen dürften auch Töchter von Ministrialen gehört haben. Damit hatte ich auch meine Region gefunden; die Zeit soll das späte 13. Jahrhundert sein. Daran orientierte sich dann auch meine Kleidung und Ausstattung.

Zu den Kanonissen und zum Kloster Malgarten siehe auch: Kanonissen

Die Musikerin

Mein erster Anreiz, mich der Musik des Mittelalters zu widmen, war ein Konzert mit Stücken von Guillaume de Machaut, bei dem ich mitwirken konnte. Bald danach entdeckte ich die Musik von Oswald von Wolkenstein. Und durch meinen Kontakt mit Living-history-Gruppen für das 13. Jahrhundert begann ich, mich auch mit Musik dieser Zeit zu beschäftigen. Was läge also näher, als auch dies zur Grundlage einer weiteren Rolle zu machen?

Für das 13. Jahrhundert ist das für mich vergleichsweise einfach. Kleidung und Ausstattung meiner Kanonisse kann ich größtenteils übernehmen, nur einige Accessoires müssen verändert werden. Für das Spätmittelalter paßt dies jedoch nicht. Deshalb arbeite ich zur Zeit an Kleidung auch für eine spätmittelalterliche Darstellung. Dabei werde ich allerdings bewußt auf allzu modische Extravaganzen verzichten, damit ein Kleid mit wenigen Änderungen sowohl für Guillaume de Machaut (Mitte des 14. Jahrhunderts) als auch für Oswald von Wolkenstein (1. Hälfte 15. Jahrhundert) verwendet werden kann.

Siehe auch: Musikpraxis

Meine Ausstattung

Für mich ist es selbstverständlich, mich bei meiner Ausrüstung an historischen Vorbildern zu orientieren. Meine Kleidung besteht aus Wollstoffen und ist handgenäht; die Unterkleidung besteht aus Leinen. Die Schuhe sind wendegenäht und aus ungefärbtem Glattleder. Dazu kommt eine angemessene Kopfbedeckung, sei es ein Schleier (vor allem für die Kanonisse), sei es ein Gebende. Für Veranstaltungen, die mehrere Tage dauern, kann ich mit eigenem Kegelzelt aus schwerem Leinen kommen. Darin schlafe ich auf einer Strohmatratze unter Wolldecken. Dazu gehören ein dreibeiniger Hocker und ein Tisch. Mein Geschirr habe ich zum großen Teil unter "Bilder" dokumentiert. Ist ein musikalischer Auftritt eingeplant, habe ich auch meine Instrumente dabei - Harfe, Portativ, Flöte, als Kanonisse habe ich eine Kopie eines englischen Stundenbuches des 13. Jahrhunderts und eine Paternoster-Schnur.

Siehe auch: Ausstattung

Was ich zeige

Hier gibt es drei verschiedene Möglichkeiten: allgemein Darstellung mittelalterlichen Lebens, Darstellung einer Kanonisse; Darstellung einer Musikerin. Aber egal, was ich darstelle, immer erläutere ich gerne alle gezeigten Gegenstände und gehe auf alle Fragen der Besucher ein, auch wenn ich mir dazu den Mund fusselig reden muß.

Darstellung mittelalterlichen Lebens bedeutet für mich vor allem Alltagstätigkeiten, die so wahrscheinlich die meisten Frauen betrafen, etwa das Kochen, das Nähen und andere textile Techniken. Dies sind Dinge, die ich zeigen kann, egal, ob ich als Musikerin, als Kanonisse oder "nur so" auf einer Veranstaltung bin.

Die Darstellung einer Kanonisse bedeutet für mich vor allem, daß ich zu den entsprechenden Zeiten die Stundengebete singe. Dies verträgt sich aber nur schlecht mit einer Marktatmosphäre, in der jeder Stand, jede Bühne um Aufmerksamkeit heischt. Diese Darstellung braucht also entweder die Ruhe einer wirklichen Living-history-Veranstaltung; sie ist aber auch sehr schön denkbar auf Veranstaltungen, wo es mit einer Kapelle oder einem Saal in einer Burg eine gewisse Abgeschiedenheit vom Rummel gibt.

Ähnlich geht es mir bei der Darstellung einer Musikerin, da ich musikalisch die leiseren Töne bevorzuge, und auch keine lauten Instrumente spiele. Hier wäre es also hilfreich, einen geschlossenen Raum zu haben, der sich akustisch für diese Musik eignet, oder doch zumindest nicht gegen laute Musik ansingen zu müssen.

© 26. Februar 2006 Karen Thöle