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Rezension Oktober 2006

Hartmut Boockmann:
Die Stadt im späten Mittelalter
München; Beck 1986
ISBN: 3-406-31565-8

Ansprechende Kombination von Bildern und Text

521 Abbildungen enthält dieses Buch, Malereien, Zeichnungen, archäologische Funde, Bauwerke, Wandteppiche und Skulpturen des 14., 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Und doch ist er keiner der üblichen Kunstbände. Hartmut Bookmann war Historiker, nicht Kunstgeschichtler; er lehrte bis zu seinem Tod im Jahr 1998 als Geschichtsprofessor, in Kiel, Berlin und Göttingen, das späte Mittelalter war sein Schwerpunkt.

Boockmann gliedert sein Material nicht nach Kunstgattungen und nicht nach Sujets, sondern nach Lebensbereichen. Er trennt also nicht Malerei von Skulptur und die Darstellung der Verkündigungsszene nicht von der Darstellung der Kreuzigung. Stattdessen heißen die Kapitel z.B. "Hygiene und Gesundheit", "Handel und Verkehr", "Begräbnis und Totengedächtnis" oder "Kinder und Kinderspiel".

Jedes Kapitel wird mit einem kurzen einleitenden Text eröffnet, und jedes Bild ist kommentiert. Dabei geht Boockmann bei geistlichen Bildern auch auf deren eigentliche Themen ein, im Fokus steht aber eher das, was diese Bilder quasi nebenbei mitteilen: Mariä Verkündigung im bürgerlichen Wohnraum, und die Kreuzigung mit Handwerkern beim Annageln und der mittelalterlichen Stadt im Hintergrund. Leider sind alle Abbildungen nur schwarzweiß. Und leider sind nicht alle gleich genau datiert, aber hier war der Historiker wohl auch abhängig von der Sekundärliteratur der Kunstgeschichtler und Archäologen, die er benutzt hat.

Das Buch wendet sich allem Anschein nach an ein Laienpublikum, verkauft seine Leser aber auch nicht für dumm. Wer weiter recherchieren möchte, findet zu jeder Abbildung Literaturangaben. Und es ist hier auch selbstverständlich, daß angegeben wird, in welchem Museum, in welchem Archiv oder in welcher Kirche sich Bild, Handschrift oder Realie befindet - anders als in vielen schlechten populärwissenschaftlichen Büchern zum Mittelalter, in der das Bild nur schönes Beiwerk ist, dessen Herkunft und Datierung aber nicht wichtig genug erscheinen.

Der Wissens-Mix aus allgemeiner Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie ist umfassend. Zwar können neuere Forschungen einzelne Angaben mittlerweise ergänzen, eventuell sogar korrigieren. Für einen ersten Einblick ist es allerdings auch nach 20 Jahren immer noch wertvoll, und auch für den fortgeschrittenen Benutzer bietet es eine Fülle von Informationen wie auch von Bildern, die dieser dann auch nach eigenen Gesichtspunkten untersuchen kann.

© 12. Oktober 2006 Karen Thöle