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Buchbesprechung November 2005

Christiane Schnack:
Die mittelalterlichen Schuhe aus Schleswig. Ausgrabung Schild 1971-1975
Reihe: Ausgrabungen in Schleswig. Berichte und Studien 10
Neumünster, Karl Wachholtz Verlag, 1992
ISBN 3 529 0146 05

Diese Arbeit über die mittelalterlichen Schuhfunde aus Schleswig gehört mit Recht zu den bekannteren Büchern im Living-history-Bereich. Eine große Anzahl an Funden ist im Abbildungsteil als Schnittzeichnung wie auch als Ansicht des vollständigen Schuhs dargestellt. Dies ist einerseits anschaulich, anderseits eine gute Möglichkeit für den Bastler, die Funde nachzuarbeiten. Er hat eine große Auswahl an Schuhen, denn die Erhaltungsbedingungen für Leder im Schleswiger Boden waren hervorragend. Dies schlägt sich nicht zuletzt auch in der großen Zahl an Abbildungen nieder: Allein 103 Tafeln mit Zeichnungen von ganz oder teilweise erhaltenen Schuhen aus der Zeit zwischen ca. 1000 und ca. 1400 befinden sich im Anhang. Daß einige der Tafeln nur Fragmente bzw. nur Schuhsohlen ohne Oberleder enthalten, wird dadurch ausgeglichen, daß auf vielen Tafeln mehr als nur ein Schuh zu sehen ist.

Der Tatendrang des Bastlers wird jedoch schnell wieder gebremst. Wer sich im Abbildungsteil schon einen Schuh ausgesucht hat und nun nach der Datierung sucht, findet sie in der Bildunterschrift nicht. Die Ziffernfolgen unter dem Bild verweisen auch nicht auf einen Katalogteil, in dem der Leser die benötigten Angaben zur Datierung, zum Material, den Maßen und eventuellen Besonderheiten finden könnte. Wer umgekehrt im Inhaltsverzeichnis oder beim flüchtigen Durchblättern nach Anhaltspunkten sucht, welche Schuhe für seine angestrebte Zeit geeignet sind, wird ebenso enttäuscht: Eine offensichtliche chronologische Ordnung ist zumindest auf Anhieb nicht erkennbar.

Tatsächlich scheint die Menge an Funden hier so groß gewesen sein, daß die bei kleineren Fundmengen übliche Methode, jeden Fund einzeln vorzustellen und zu besprechen, hier wohl nicht möglich war. Stattdessen wurden sinnvollerweise gleichartige Schuhe zu Typen zusammengefaßt. Im Textteil werden die Typen besprochen und in Untergruppen unterteilt, hier werden auch Hinweise zu ihrer Datierung, Herstellung und Besonderheiten gegeben. Im Tafelteil vertreten beispielhaft einzelne Exemplare von jeweils verschiedenen Ausprägungsarten der Typen die wesentlich größere Gesamtzahl der Funde.

Einen Schlüssel zum Auffinden zeitlich passender Schuhtypen bietet die Abbildung 5 auf S. 20: Hier werden die verschiedenen Schuhtypen in eine Zeitleiste hineingestellt, in der auch die Dauer ihrer Verbreitung zu erkennen ist. Wer sich jetzt einen für die eigene Zeitstellung geeigneten Schuh herausgesucht hat, kann die Informationen darüber jetzt leicht im Textteil finden. Und der Text verweist dann wiederum auf die dazugehörigen Abbildungen im Tafelteil.

Wenn auch die Beschreibungen der Schuhtypen und die Abbildungen des Schleswiger Fundgutes den wichtigsten Teil des Buches bilden, so gibt es doch daneben noch mehr zum Lesen, etwa eine Übersicht über die verwendeten Nahtarten mit Abbildungen, Hinweise auf das verwendete Garn, Beschreibungen verschiedener (fachmännisch wie auch unfachmännisch ausgeführter) Reparaturen, Vergleiche mit den Befunden anderer archäologischer Ausgrabungen sowie eine zwölf Seiten lange Literaturliste.

Insgesamt also ein empfehlenswertes Buch. Zwar läßt es sich weniger einfach benutzen als die Bücher zu den Londoner Funden (Medieval Finds from Excavations in London). Es ist es jedoch für den Einsteiger wie auch den Fortgeschrittenen auf der Suche nach mittelalterlichen Schuhen aus dem "norddeutschen" Raum und einer Zeitstellung zwischen 1000 und 1400 wirklich hilfreich.

© 31. Oktober 2005 Karen Thöle