Nikolas Jaspert:
Die Kreuzzüge
Geschichte kompakt: Mittelalter
Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2003
ISBN 3-534-15129-1
Wer handwerklich arbeitet, tut gut daran, sich zuerst zu fragen, was er überhaupt machen möchte, und dann danach das geeignete Werkzeug auszuwählen. Denn kein Werkzeug paßt für alle Arbeiten. Ein Schraubenzieher ist schlecht darin, Nägel in die Wand zu schlagen, und ein Hammer kann nicht wirklich gut Schrauben drehen. Trotzdem ist ein Hammer kein schlechteres Werkzeug als ein Schraubenzieher, und umgekehrt.
Genauso ist es mit Sachbüchern. So unterschiedlich wie die Menschen, für die sie geschrieben sind, und die Gründe, aus denen sie sie lesen, können auch Bücher über ein- und dasselbe Thema sein. Je nachdem, ob ein Leser ohne Vorinformationen an ein Thema herangeht oder ein "alter Hase" ist, ob er es für die Schule, für das Studium oder aus eigenem Interesse liest, wird er eine andere Art von Buch benötigen, mit anderen Worten, "ein anderes Werkzeug".
Bücher über die Kreuzzüge gibt es viele. Das vorliegende Buch von Nikolas Jaspert ist ein Überblickswerk, das breitgefächert Grundlagenwissen vermittelt. Neben den militärischen Expeditionen ins "Heilige Land", den eigentlichen Kreuzzügen, kommen auch andere Aspekte nicht zu kurz:
Dabei wird deutlich, daß das Buch sich vor allem an Leser ohne Vorkenntnisse richtet. Wichtige Begriffe oder Personen werden in grafisch abgesetzten Exkursen genauer dargestellt, Quellen grundsätzlich ins Deutsche übersetzt. Auch solche Sachverhalte werden erläutert, die man bei jemandem, der sich schon länger mit mittelalterlicher Geschichte beschäftigt, eigentlich als bekannt voraussetzen müßte, wie etwa das Lehenswesen, die Grundherrschaft oder die Entstehung der Bettelorden. Die sechs Seiten lange Literaturliste ist thematisch angeordnet und jedes Buch kurz kommentiert. Dadurch und auch durch die klare, verständliche Sprache von Nikolas Jaspert ist ein sehr gut lesbares Buch entstanden, das an keiner Stelle Verständnisschwierigkeiten macht.
Doch kein Werkzeug taugt für alle Arbeiten.
Und auch dieses Buch nicht für alle Leser:
Wer also mehr wissen möchte, kommt um andere Bücher nicht herum, seien es die aus der Auswahlbibliographie oder sei es ein passendes Buch etwa aus der Reihe "Oldenbourg Grundriss der Geschichte", das zumindest die beiden letztgenannten Aspekte berücksichtigt, das sich aber nicht in der gleichen Weise ohne Vorkenntnisse lesen läßt.
Als Einstiegs- und Überblickslektüre ist das Buch aber hervorragend geeignet. Für Schüler zur Vorbereitung auf ein Referat, aber auch für Geschichtsstudenten oder -absolventen, die sich in ein neues Thema einarbeiten oder ein Thema, von sie bisher nur Aspekte kannten, in umfassender Weise betrachten wollen, ist es jederzeit zu empfehlen. Die genannten Mängel lassen sich letztlich alle auf eine bewußte Beschränkung auch in der Seitenzahl zurückführen. Kein Allzweckwerkzeug also, aber eines, das seinen Zweck erfüllt.
© 29. Dezember 2005 Karen Thöle